Wer wissen will, wie das Leben eines Informatik-Consultants, also eines „Beraters“, aussieht, ist hier richtig.
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Ich krieche auf allen vieren auf dem Boden, König Arthur steht drohend über mir.
Ich: „Aber mein König… das wollte ich nicht… ich habe nur…“
König Arthur: „Schweigt! Du hast mich hintergangen! Warst du einst mein treuester Gehilfe, musste ich nun mit ansehen, wie du hinter meinem Rücken mit dem Feind angebandelt hast! Und nun kommst du dahergekrochen wie ein dreckiger Wurm! Wegen dir können wir den Sieg im Kampf um das Vaterland vergessen! Verrotten sollst du im tiefsten Kerker! Wachen! Packt diesen reudigen Hund und werft ihn in das tiefste Loch, das wir haben! Hiermit verurteile ich ihn zu dreissig Jahren Haft in Ketten!
Ich: „NEEEEEIIIIIIINNNNNNN!!!!!!!!!!!!“
Licht am Ende des Tunnels
Letzten Donnerstag war ich wirklich wütend. Immer noch wütend wegen diesem doofen Interview, und dann konnte ich keinen Arbeitsplatz im Büro finden, also musste ich mich irgendwo hinquetschen, um wenigstens an meinem Laptop arbeiten zu können.
Wir haben wirklich nur begrenzt Platz in unserem Büro, weil wir ja eigentlich beim Kunden Projekte durchführen müssen. Und theoretisch kann man einen Platz im unserem Büro reservieren – Leider sind alle Plätze bereits auf Wochen von Leuten ausgebucht, die bereits wissen, dass sie im Büro sein müssen. So passierte es, dass König Arthur auf der Klimaanlage des Meeting-Raumes gearbeitet hat, so eine tischhohe kleine Seitenleiste im Raum, wo kalte Luft rauskommt. Und ich durfte es mir auf dem Sofa neben der Kaffeemaschine bequem machen, was nicht so schlimm war bezüglich dem Komfort, aber auf einem Sofa kann man halt zum Beispiel keine Maus richtig bedienen und kann die gewünschte Arbeit nur halb so schnell erledigen.
Und dann habe ich an dem Donnerstag noch eine Mail bekommen, dass mein Projekt Hasenstall, bei dem ich ausgeholfen habe, per heute meine Buchung gestoppt hat. Heisst, ich werde ab Morgen Freitag tatsächlich hundertprozentig ohne Projekt sein. Ach menno! 😡
So wusste ich mir nicht weiter zu helfen als Deryck Whibley anzuschreiben, den wir in Teil 2 des Consulting Tagebuchs schon kennengelernt haben.
„Hallo lieber Deryck. Per heute ist meine Buchung auf dem Projekt zu Ende. Was soll ich nur tun? Gruss, verzweifelter Consultant-Kollege“
Die Anwort von Deryck kam sofort: „Komm doch um 16 Uhr bei mir vorbei, dann gehen wir einen Kaffee trinken“ 😉
Der Zwinkersmiley machte mir ein bisschen Sorgen… und sowieso, was könnte Deryck schon ausrichten?
Ein Kaffe in Nöten
So ging ich mit Deryck Kaffee trinken. Deryck arbeitet schon sehr lange in der Firma. Er meinte, ich hätte mich beim Erstellen der technischen Architektur für Projekt Hasenstall gar nicht mal so doof angestellt. Und er fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, das weiterhin zu tun.
Ich sagte ihm, dass es mir wirklich Spass gemacht hat, und ich überhaupt nicht traurig bin, wenn mein nächstes Projekt kein Java Projekt sei, obwohl ich gerne Java entwickle. Immerhin wurde ich auch als technischer Architekt eingestellt und das Projekt Hasenstall ist momentan recht am anfang, also !!!>>> DIE <<<!!! Gelegenheit, unglaublich viel über Enterprise Architektur beziehungsweise Unternehmensarchitektur zu lernen.
„Na gut“ meinte Deryck. „Ich habe heute Abend ein Meeting mit dem Oberprojektleiter. Ich schau mal, was ich machen kann“.
Am nächsten Morgen kam dann prompt der Oberprojektleiter zu mir mit der Nachricht, dass sie mich gerne weiterhin in Projekt Hasenstall dabeihätten und ich mit dem Rest des Teams am Montag zum Kunden gehen könne!
Ich war natürlich völlig von den Socken!
Natürlich habe ich zugesagt und sehe mich jetzt in der vorteilhaften Situation, am Montag zum Kunden und somit in mein allererstes echtes (bezahltes) Projekt einzusteigen!
Das Leben ist schön!
Der Verrat
Ach was, hör schon auf! Es ist überhaupt kein Verrat! Ich kann über-haupt-nichts dafür!
Kurz nachdem der Oberprojektleiter nämlich mit mir gesprochen hatte, ging er noch mit König Arthur in ein Meetingraum. Und als dieser zurückkam, musste ich ihm die frohe Botschaft von meinem Projekt natürlich gleich übermitteln.
Und was war seine Botschaft? Er war eigentlich ebenfalls für das Projekt Hasenstall geplant, nun haben sie ihn aber rausgenommen! Verdammt!
Also habe ich ihm quasi den Platz geklaut? (Witziges Detail am Rande: König Arthur darf jetzt an das von mir verpatzte Java Interview gehen – Immerhin hat er jetzt eine Ahnung, was der Kunde von ihm wissen will…)
Neeeeee ich glaube, König Arthur nimmt das ganze recht locker, er arbeitet ebenfalls schon lange bei der Firma und das gehört einfach dazu, dass man unglaublich flexibel sein muss. Dass es jederzeit heissen kann „Oh wegen XY bist du nicht mehr auf dem Projekt, bye!“ Er meinte auch, dass man das überhaupt nicht persönlich nehmen muss, genausowenig, wie wenn man etwa ein Java Interview verpatzt. Man ist dadurch nicht weniger wert! Nein, wirklich nicht! (Ich probiere, mich selbst davon zu überzeugen…)
Ich habe König Arthur gesagt, dass es mir leid tut, beziehungsweise dass ich es super schade finde, dass wir nicht zusammen weiterhin diese hübschen Architekturdiagramme zeichnen können. Er war mir ein guter Berater in meinen ersten Tagen in der Firma, aber jetzt muss ich erwachsen werden und meinen eigenen Weg gehen… sniff 😥
Und so verlässt König Arthur mit wehenden Fahnen die Bühne. Eventuell wird er später wieder zu uns stossen, wenn es um die eigentliche Implementation des Projektes geht, aber das wird wohl noch einige Zeit dauern.
Die Firma ist auch flexibel
Und so kann ich mit den heutigen Tagebucheintrag mit einer kleinen Anekdote beenden: Grundsätzlich haben König Arthur und ich jeden Tag um 12 Uhr einen Status-Telefon-Call mit den Oberarchitekten, etwa Deryck. (12 Uhr, weil die Oberarchitekten zu allen anderen Zeiten bereits ausgebucht sind, ausser vielleicht noch Morgens oder Abends um 7) Am Freitag hatte dieser aber überhaupt keine Zeit und hat das Statusmeeting deswegen auf 16:30 Uhr verschoben.
König Arthur und ich haben deshalb nach dem Mittagessen beschlossen, (jeder zu sich) nach Hause zu gehen und dort weiterzuarbeiten. Auch das ist in meiner Firma völlig legitim und niemand wird Dich komisch ansehen, wenn du um 12:30 nach Hause gehst (natürlich solltest Du am Nachmittag kein wichtiges Meeting mehr haben, bei dem Du vor Ort sein musst).
Um 16:30 Uhr hatte Deryck zwar immer noch keine Zeit, ich habe aber einen neuen Mitstreiter kennengelernt, der mich ab nächster Woche unterstützen wird. Ich brauche noch einen passenden Namen für ihn. Wie es scheint, kommt er aus Frankreich, weshalb ich dachte, Monsieur Baguette sei passend. Was meinen Sie?
So sitze ich also hier, schreibe diese Zeilen und bin gespannt, was nächste Woche bei Kunden passieren wird. Spannend!
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